Autoreninterview

 

 

 

Olivier Watroba wurde 1980 in Eupen, dem deutschsprachigen Osten Belgiens, geboren. Laut Aussage seiner Eltern habe es seit seiner frühsten Kindheit nur zwei Dinge bedurft, um ihren Sohn zufriedenzustellen: Stift und Papier.

 

Nach seinem fünfjährigen Germanistikstudium an der Université de Liège zog es ihn rasch wieder an seine alte Schule zurück, wo er seit 2004 Deutsch und Theater unterrichtet. Nach der Arbeit widmet er sich seiner vierköpfigen Familie, die auch seine charmante, aber überaus chaotische Labradordame umfasst.

 

 

 

 

 

1. Beschreibe dich in fünf Worten!

 

 

Kreativ – großzügig – impulsiv – Harmoniejunkie – witzig

 

 

 

2. Welche deiner PC – Tasten wirkt ziemlich abgenutzt?

 

 

Keine – ich pflege meine Bücher altbacken per Füllfederhalter zu schreiben.

 

 

 

3. Warum schreibst du?

 

 

In erster Linie aus Spaß an der Freude. Ich liebe es, mit Wörtern zu jonglieren, anspruchsvolle Satzkonstruktionen auf Papier zu bringen, was jedoch keinesfalls bedeutet, dass ich sprachlich nicht auch mal auf die verbale Kacke hauen kann.

 

Darüber hinaus möchte ich interessante Geschichten erzählen, welche die geneigte Leserschaft packt und mitunter zum Nachdenken anregt.

 

Und last, but not least fasziniert mich ein ums andere Mal die Tatsache, dass man als Schriftsteller Gott spielen kann, indem man Welten erschafft und diese mit Leben erfüllt, ohne von Anfang an zu wissen, wohin die schöpferische Reise geht.

 

 

 

4. Welche Genres bedienst du?

 

 

Was das angeht, sehe ich mich mittlerweile als DJ, der gerne verschiedene Stilrichtungen mixt. Bei meinem Debütroman „Vorsicht: Die Leiche grinst!“ handelt es sich bspw. um eine „Horror-Science-Fiction-Heimat-Komödie“, in „Néau“ treffen Elemente der phantastischen Literatur auf den historischen Roman, und in „Von Bussen und Hügeln“ habe ich meine Jugenderlebnisse Revue passieren lassen. Da sollte für jeden etwas dabei sein.

 

Gemeinsam ist allen Werken, dass ich – ganz im Sinne der Postmoderne – gerne aus popkulturellen Phänomenen wie Filmen, Liedern, Büchern und Videospielen, zitiere.

 

 

 

 

 

5. Was macht deiner Meinung nach ein herausragendes Buch aus?

 

 

Wenn der jeweilige Autor es schafft, sowohl die Form als auch den Inhalt unter einen Hut zu kriegen, will heißen: Auf der einen Seite sollte er ein gewisses Sprachniveau beherrschen, auf der anderen Seite aber auch zu keinem Zeitpunkt seine Story aus den Augen verlieren.

 

 

 

6. Welche Leseerlebnisse haben dich diesbezüglich geprägt?

 

 

Allen voran Stephen Kings „Es“ (1986), das ich bis dato sieben Mal (!) gelesen habe, und jedes einzelne Mal war wie ein Wiedersehen mit alten Freunden. Auf den ersten Blick handelt es sich bei diesem Schmöker „bloß“ um einen Horrorroman, doch mich begeistert vor allen Kings Figurenzeichnung, die ein tiefes Verständnis der menschlichen Psyche erkennen lässt. Es gibt für mich keine berührendere Coming of Age – Geschichte als dieses Meisterwerk.

 

Dicht gefolgt von Mark Twains „Tom Sawyers Abenteuer“ (1876), ebenfalls eine einzige Hommage an die Jugend, welche sich in puncto Abenteuerlust, Humor und echter Freundschaft noch nicht von der Welt der Erwachsenen hat korrumpieren lassen.

 

Zu guter Letzt Matt Ruffs „G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke“ (1997), eine Art kreativer Jungbrunnen, der jede Schreibblockade binnen Sekunden aufzuheben vermag. Unglaublich, was für ein Feuerwerk an originellen und wahnwitzigen Einfällen da abgefackelt wird!

 

 

 

7. Wie findest du Ideen für deine eigenen Geschichten?

 

 

Indem ich viele Serien respektive Filme schaue, gute Musik höre, Videospiele zocke, Bücher lese, mit meinen SchülerInnen tiefgreifende Gespräche abseits der bekannten Studienrichtung führe und einfach mit offenen Augen und Ohren durch die Weltgeschichte tingele.

 

Stichwort Serien: Da hat sich in den letzten Jahren ja ziemlich viel getan; meine Favoriten diesbezüglich sind...

 

  • Six Feet Under“ (2011 - 2005), die wohl skurrilste und morbideste Seifenoper der Welt, welche das für uns Westeuropäer immer noch schwer verdauliche Thema Tod auf höchst humorvolle Art und Weise in den Fokus rückt.

  • Star Trek – Deep Space 9“ (1993 – 1999): Der wohl düsterste Ableger der bekannten Sci-Fi-Reihe, in dem es vorrangig um politische und religiöse Konflikte zwischen verschiedenen (außerirdischen) Völkern geht; darüber hinaus wartet „DS 9“ mit einigen der charismatischsten Bösewichte der Seriengeschichte auf.

  • Boardwalk Empire“ (2010 – 2014): Apropos Bösewicht: Was Hauptdarsteller Steve Buscemi hier abliefert, ist einfach nur der Wahnsinn! Mit Ausnahme von Walter White in „Breaking Bad“ hab ich noch selten dermaßen mit einem Protagonisten sympathisiert und ihn zeitgleich zum Teufel gewünscht! Und da ich eh ein Fan der „Roaring Twenties“ bin, war diese grandiose Gangsterserie allein vom Setting her genau mein Ding.

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Andere Serien, die mich schwer beeindruckt haben, waren bzw. sind „The Expanse“ (Sci-Fi vom Feinsten, die fast ohne Aliens auskommt), „Sons of Anarchy“ (in puncto emotionaler Dichte nahezu unerreicht), „Narcos“ (spätestens hier verliert man den Glauben an das Gute im Menschen) sowie „13 Reasons Why“, deren melancholischer Soundtrack sowie emotionale Härte mich einfach umgehauen hat.

 

(Ich stelle fest, wir teilen diesbezüglich denselben Geschmack, Olivier. Und weiter...)

 

 

 

8. Wie gehst du an die Ausarbeitung einer Geschichte heran? Gibt es Handlungsskizzen?

 

 

Das ist ganz unterschiedlich. Bei „Von Bussen und Hügeln“, das ja meine Jugend Revue passieren lässt, brauchte ich nur in ein paar Fotos und meinen Erinnerungen zu kramen. Bei „Néau“ hab ich tagtäglich (!) zwei DINA-4 Seiten auf Papier gebracht, bis die Geschichte nach ca. einem Jahr im Kasten war, was sich als überaus spannender Prozess herausstellte, da ich selber nie im Vorfeld wusste, wohin die Reise meines Protagonisten ging.

 

 

 

9. Deine Heimatstadt Eupen spielt eine wichtige Rolle in deinem literarischen Schaffen. Beschreibe sie doch kurz!

 

 

Pittoresk - humorvoll - grün – altehrwürdig – geheimnisvoll: Eupen hat einfach viele verschiedene Facetten, die es zu entdecken lohnt. Allein schon der historische Werdegang unserer Kleinstadt bietet Stoff für einen ganzen Romanzyklus!

 

 

 

10. Stichwort Stoff: Welche Geschichte verfolgt dich schon seit Jahren, und wirst du sie jemals niederschreiben?

 

 

Da muss ich gleich an einen hiesigen Forstmeister aus dem 18. Jahrhundert denken, der nach seinem Tod angeblich als Poltergeist im eigenen Haus herumspukte, so dass seine Witwe gezwungen war, einen Exorzisten hinzuzuziehen, der die rastlose Seele in ein Waldstück nahe der Innenstadt verbannte, wo er seither um Mitternacht auf einem dreibeinigen Schimmel die Gegend unsicher macht. Dieser Eupener Lokallegende werde ich eines Tages ein literarisches Denkmal setzen.

 

 

11. Wofür bist du in deinem Leben am dankbarsten?

 

 

Meine Frau, meine Söhne und meine Arbeit als Lehrer.

 

 

 

© Text/ Bilder by Edition Bärenklau und Olivier Watroba, 2019

 

 

 

Lesungen - 1

Der Autor in seinem Arbeitszimmer

Lesungen - 2